Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie werfen die Frage auf, inwieweit Deutschland seine Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten und Produktionsstandorten verringern sollte. Auch wenn es angesichts der aktuellen Situation erforderlich ist, die mit dieser Verflechtung verbundenen Risiken neu zu bewerten, sollten die Vorteile der Globalisierung nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.
Keine andere der 20 größten Industrienationen ist so stark in die globale Wirtschaft eingebunden wie Deutschland: Die Offenheit der deutschen Wirtschaft – gemessen an der Summe der Exporte und Importe in Relation zum Bruttoinlandsprodukt – betrug im vergangenen Jahr 88 Prozent. Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte, welche maßgeblich zum hohen Wohlstandsniveau in Deutschland beigetragen hat, beruht zu einem guten Teil darauf, dass hiesige Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten neue Produktionsstätten in der Nähe ihrer Absatzmärkte errichtet haben. Zudem beziehen die Firmen ihre Bauteile und Komponenten mittlerweile in hohem Umfang von ausländischen Lieferanten: Im vergangenen Jahr importierten deutsche Unternehmen Vorprodukte im Wert von 606 Milliarden Euro.
Im Jahr 2019 machten die deutschen Importe von Vorprodukten 55 Prozent der gesamten Einfuhren aus. Für die Bundesrepublik sind die anderen EU-Staaten die wichtigsten Lieferanten von Vorprodukten. Mehr als 62 Prozent der von Deutschland importierten Vorleistungsgüter kommen aus anderen EU-Ländern. Gut ein Drittel der deutschen Vorleistungsimporte kommt aus Ländern außerhalb der EU - mit den USA (5,3 Prozent) und China (5,0 Prozent) als wichtigste Lieferanten.
Angesichts der Corona-Krise stellt sich die Frage, ob die bisherigen Lieferketten für die deutsche Wirtschaft noch tragfähig sind oder ob die Unternehmen ihre Abhängigkeit von – oftmals nur wenigen – Zulieferern verringern müssten. Klar ist, dass Strategien wie Outsourcing und Just-in-time-Fertigung die Firmen anfällig für Produktionsunterbrechungen an einzelnen ausländischen Standorten gemacht haben.
(Quelle: iwd-Lieferketten anpassen, aber nicht zerstören - Stand: 10.06.2020)