Rechtliche Informationen

Insolvenzrecht für Schuldner

Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen jeder natürlichen Person und insbesondere folgender Unternehmen eröffnet werden: GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG, Genossenschaft, eingetragener Kaufmann (e. K.), Einzelunternehmen, oHG, KG, BGB-Gesellschaft (GbR), Partnerschaft, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung, Societas Europea (SE) und ausländische Gesellschaften (z. B. Ltd.), die ihren Verwaltungssitz und Betrieb in Deutschland haben.

Die folgenden Informationen  sollen – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl die Informationen mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

Grundlagen des Insolvenzverfahrens

Ziel des Insolvenzverfahrens

Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, die Gläubiger in ihrer Gesamtheit bestmöglich und gleichmäßig zu befriedigen. Zu diesem Zweck erfolgt entweder eine Zerschlagung des insolventen Unternehmens, indem das vorhandene Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird, oder es wird eine Sanierung durchgeführt, aus deren Erträge die Gläubiger befriedigt werden können. Als Sanierungswege kommen insbesondere die so genannte „übertragende Sanierung“ (der Verkauf des Unternehmens) oder das Insolvenzplanverfahren in Betracht.

Im Insolvenzverfahren gilt grundsätzlich das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung. Der Zugriff einzelner Gläubiger auf einzelne Vermögensgegenstände und der damit einsetzende „Wettlauf der Gläubiger“ wird im Insolvenzverfahren ausgeschlossen.

Das Insolvenzgericht

Der Insolvenzantrag ist bei den für Insolvenzsachen zuständigen Amtsgerichten zu stellen. Örtlich zuständig ist in der Regel das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk das Schuldnerunternehmen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Das ist i. d. R. der Geschäftssitz. Welches Insolvenzgericht für den Insolvenzantrag zuständig ist, kann im Gerichtsverzeichnis herausgefunden werden.

Die Insolvenzgerichte der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichen im Internet die Bekanntmachungen, die vorzunehmen sind, wenn ein Insolvenzverfahren bei Gericht beantragt worden ist.

Link zu den Bekanntmachungen
Verfahrenskosten

Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren nur dann, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Kosten des Insolvenzverwalters) zu decken. Ist der Schuldner eine natürliche Person, mittellos und beabsichtigt er, Restschuldbefreiung zu erlangen, können ihm die Verfahrenskosten gestundet werden. Ansonsten wird sein Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen. Wenn der Gläubiger die Abweisung mangels Masse verhindern will, kann er einen Massekostenvorschuss leisten (§ 26 Abs. 1 InsO), der die gesamten voraussichtlich entstehenden Kosten des Insolvenzverfahrens abdecken muss. Unter Umständen kann die Erstattung des vorgeschossenen Betrages vom Geschäftsführer / Vorstand des Schuldners oder sonstigen Antragspflichtigen, der die Insolvenz verschleppt hat, verlangt werden (§ 26 Abs. 3 InsO).

Stellt der Gläubiger den Insolvenzantrag, muss er die Gebühr für das Eröffnungsverfahren zahlen. Wird der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen, schuldet er auch die entstandenen Auslagen. Das nähere Verfahren und die Ermittlung der Höhe der Kosten ergeben sich aus der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV). Die Kosten eines Insolvenzverfahrens setzen sich aus den Gerichtskosten sowie aus der Vergütung und den Auslagen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters und der Mitglieder des (vorläufigen) Gläubigerausschusses zusammen.

Die Gerichtsgebühren und die Vergütung werden anhand der verfügbaren Insolvenzmasse ermittelt. Die Kosten sind als Masseforderungen vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen

Regelinsolvenz

Für alle Unternehmen gilt, dass sie das Regelinsolvenzverfahren durchführen müssen, unabhängig davon, ob sie Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder natürliche Personen (z. B. Einzelkaufmann) sind. Vom Regelinsolvenzverfahren zu unterscheiden ist das Verbraucherinsolvenzverfahren, das bis auf wenige Ausnahmen nur natürlichen Personen ohne selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit offen steht (vgl. § 304 Insolvenzordnung - InsO). Die Regelinsolvenz richtet sich nach anderen Verfahrensvorschriften als die Verbraucherinsolvenz.

Bei beiden Verfahrensarten ist bei natürlichen Personen grundsätzlich eine Restschuldbefreiung möglich.

Schutzschirmverfahren

Das Schutzschirmverfahren kann ein Schuldner unter bestimmten Umständen im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens gleichzeitig zum Insolvenzantrag beantragen. Das Schutzschirmverfahren (§ 270 b InsO) ist ein Spezialfall der Eigenverwaltung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es soll dem Schuldner durch frühzeitiges Handeln die Sanierung seines Unternehmens erleichtern. Es handelt sich dabei um ein Verfahren zur Vorbereitung einer Sanierung durch einen Insolvenzplan in Kombination mit Eigenverwaltung. Eigenverwaltung bedeutet die Fortführung des Unternehmens durch den Schuldner selbst unter Aufsicht eines Sachwalters.

Liegt eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor oder ist das Unternehmen überschuldet, ist nun die Möglichkeit eröffnet, innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten in dem so genannten Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters und ohne Vollstreckungsmaßnahmen einen Sanierungsplan zu erarbeiten. Dieser kann im Anschluss als Insolvenzplan umgesetzt werden.

Die Zahlungsunfähigkeit darf aber noch nicht eingetreten sein, wenn das Schutzschirmverfahren beantragt wird. Zudem darf die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sein. Voraussetzung für das Schutzschirmverfahren ist, dass mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorgelegt wird. Diese Bescheinigung muss beinhalten, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Dies läuft in der Praxis auf eine Art Gutachten über Ist-Zustand und über die Sanierungsprognose hinaus. Der Aussteller dieser Bescheinigung muss eine andere Person als der einzusetzende Sachwalter sein.

Der Schuldner kann einen vorläufigen Sachwalter vorschlagen, der nur abgelehnt werden darf, wenn die Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Auch dies soll als Anreiz für eine frühzeitige Beantragung des Schutzschirmverfahrens dienen. Auf Antrag des Schuldners sind Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zu untersagen oder einstweilen einzustellen. Es kann auch angeordnet werden, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründen darf, die im Insolvenzverfahren vorrangig befriedigt werden. Dies kann die Fortführung des Betriebes erleichtern. Das Gericht darf während des Schutzschirmverfahrens keinen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen und dem Schuldner auch die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen nicht entziehen. Dem Schuldner wird eine Frist von maximal drei Monaten zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans gesetzt. Nach Ablauf der Frist oder nach gerichtlicher Aufhebung der Anordnung des Schutzschirmverfahrens entscheidet das Insolvenzgericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. In der Schutzschirmphase ist es typischerweise entscheidend, ob der Schuldner das Vertrauen der Vertragspartner und Gläubiger in die Möglichkeit einer Sanierung gewinnt oder nicht. Eine spätere Aufhebung des Schutzschirmverfahrens ist möglich, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss dies mit Kopfmehrheit beantragt.

Insolvenzantrag

Allgemeines

Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet.

Der Antrag kann beim zuständigen Insolvenzgericht schriftlich gestellt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner selbst. Der Antrag kann zurückgenommen werden, solange das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet ist. Wird der Antrag zurückgenommen, werden die Verfahrenskosten dem Antragsteller auferlegt. Die Gerichte entscheiden in der Regel binnen ca. vier bis zwölf Wochen über den Insolvenzantrag.

Gläubigerantrag

Der Insolvenzantrag eines Gläubigers ist nur dann zulässig, wenn er bestimmte Anforderungen erfüllt (§ 14 Insolvenzordnung - InsO).

Der Gläubiger muss

  • die ladungsfähige Adresse, ggf. die Rechtsform und den/die Vertreter des Schuldners nennen,
  • ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens darlegen,
  • eine fällige Forderung glaubhaft machen; dabei ist zu beachten: die Forderung darf nicht völlig unbedeutend sein (rückständige Zinsen und Mahnkosten reichen nicht aus, soweit die Hauptforderung beglichen ist), und
  • einen Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) glaubhaft machen.

Der antragstellende Gläubiger muss Unterlagen zum Nachweis der Forderung vorlegen. Außerdem ist darzulegen, dass der Schuldner außerstande ist, diese Verbindlichkeit zu erfüllen. Ausreichend dafür ist beispielsweise das Protokoll eines Gerichtsvollziehers über einen erfolglosen Pfändungsversuch (Fruchtlosigkeitsbescheinigung) oder die Vermögensauskunft des Schuldners. Ist die Forderung des Gläubigers die einzige, die den Insolvenzgrund herbeiführen würde, und wird sie vom Schuldner bestritten, genügt eine bloße Glaubhaftmachung nicht. In diesem Fall ist für den Beleg der Forderung ein rechtskräftiger Titel erforderlich.

Ein rechtliches Interesse ist vor allem dann zu verneinen, wenn der Gläubiger mit dem Antrag insolvenzfremde Zwecke verfolgt, etwa um den Schuldner als Wettbewerber auszuschalten oder um rückständige Forderungen schneller und vor anderen Gläubigern realisieren zu können. Ebenfalls unzulässig ist ein rein vorsorglich gestellter Insolvenzantrag. Um missbräuchliche Insolvenzanträge zu verhindern, hat das Insolvenzgericht den Schuldner bei einem Gläubigerantrag grundsätzlich anzuhören. Im Rahmen der Anhörung kann der Schuldner die Erklärungen des Gläubigers bestreiten, eine Gegenglaubhaftmachung oder Gegenbeweise vorlegen.

Schuldnerantrag / Eigenantrag

Die Antragsberechtigung ist abhängig von der Rechtsform

Bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften ist jedes Mitglied des Vertretungsorgans bzw. jeder persönlich haftende Gesellschafter zur Stellung des Insolvenzantrags berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans bzw. allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt, muss der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Im Fall der so genannten Führungslosigkeit (d. h. ohne organschaftliche Vertretung, beispielsweise wenn der Geschäftsführer abgetaucht ist) einer juristischen Person ist jeder Gesellschafter, bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt (§ 15 InsO).

Insolvenzantragspflicht – Vorsicht vor Insolvenzverschleppung

Wird eine juristische Person (z. B. GmbH, AG, Genossenschaft) oder eine Personenhandelsgesellschaft, bei der der persönlich haftende Gesellschafter keine natürliche Person ist (GmbH & Co. KG/oHG), zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Geschäftsführer bzw. Vorstände oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 15a InsO). Die dreiwöchige Frist ist lediglich als Höchstfrist zu verstehen, die nicht unbedingt ausgenutzt werden darf.

Gleiches gilt für vergleichbare Auslandsgesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben. Ist die GmbH führungslos (d. h. ohne Geschäftsführer), ist auch jeder Gesellschafter, ist die AG / Genossenschaft führungslos, auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

Vorsicht:

Wird die Antragstellung schuldhaft verzögert, unterlassen oder wird der Antrag nicht richtig gestellt, machen sich die Antragspflichtigen sogar strafbar. Außerdem droht eine Haftung mit dem Privatvermögen.

Holen Sie sich deshalb frühzeitig die Hilfe eines im Insolvenzrecht kundigen Rechtsanwalts. Er kann unter anderem dazu beraten, ob bereits Insolvenzreife eingetreten ist und ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Auch bei der Stellung des Insolvenzantrages muss man sehr sorgfältig vorgehen und die erforderlichen Unterlagen und Angaben vollständig bei Gericht einreichen. Auch hierbei wird zu einer fachkundigen Unterstützung geraten.

+++ Achtung!+++
Wegen Cornoa Krise wurde die Insolvenzantragspflicht teilweise ausgesetzt.

 

Welche Unterlagen sind für den Eigenantrag erforderlich?

Die Anforderungen an den Insolvenzantrag des Schuldners sind durch das ESUG gestiegen (§ 13 InsO). Wie bisher schon muss der Schuldner den Insolvenzgrund schlüssig und nachvollziehbar darlegen. Neuerdings ist dem Insolvenzantrag des Schuldners zwingend ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen (Gläubigerverzeichnis) beizufügen. Dem Gläubigerverzeichnis und den ggf. erforderlichen weiteren Angaben ist eine Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.

Ist der Geschäftsbetrieb des Schuldners nicht eingestellt, gelten folgende besondere Anforderungen an das Gläubigerverzeichnis: Bei kleinen Unternehmen sollen grundsätzlich und bei größeren Unternehmen (gem. § 22a Abs. 1 InsO, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat:

  • mindestens 4.840.000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs;
  • mindestens 9.680.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag;
  • im Jahresdurchschnitt mindestens 50 Arbeitnehmer.)

müssen in dem Gläubigerverzeichnis verpflichtend bestimmte Forderungen besonders kenntlich gemacht werden. Auch für kleine Unternehmen ist dies verpflichtend, sofern eine Eigenverwaltung oder ein vorläufiger Gläubigerausschuss beantragt ist.

Folgende Forderungen sollen / müssen besonders kenntlich gemacht werden:

  • die höchsten Forderungen,
  • die höchsten gesicherten Forderungen,
  • die Forderungen der Finanzverwaltung,
  • die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
  • die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.

Der Hintergrund für diese besonderen Anforderungen ist, dass das Gericht bei einem laufenden Geschäftsbetrieb des Schuldnerunternehmens allein schon durch die Angaben im Insolvenzantrag in der Lage sein soll, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzuberufen. Dazu ist erforderlich, dass das Gericht die Angaben über die Struktur der Gläubiger erhält.

Ist der Geschäftsbetrieb des Schuldners nicht eingestellt, müssen außerdem bei allen Unternehmen – und zwar unabhängig von der Größe – verpflichtend folgende weitere Angaben gemacht werden:

  • zur Bilanzsumme,
  • zu den Umsatzerlösen und
  • zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres.

Damit das Gericht den Insolvenzgrund prüfen kann, sollten dem Antrag in der Regel sinnvollerweise folgende Unterlagen / Angaben beigefügt werden:

  • ein Vermögensverzeichnis, aus dem durch Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva unter Berücksichtigung von Liquidationswerten ein vollständiger Überblick über die Vermögenslage gewonnen werden kann,
  • ein Schuldnerverzeichnis mit genauer Bezeichnung der Schuldner sowie deren Anschriften; bei jeder Forderung sind Betrag und Schuldgrund anzugeben,
  • Angaben zur Fortführung des Geschäftsbetriebes,Angaben zum Tätigkeitsbereich des Unternehmens,
  • Angaben zur Anzahl der Arbeitnehmer,
  • Angaben zum Bestehen von Sanierungsaussichten.

Einige Insolvenzgerichte halten Vordrucke und Antragsformulare bereit.

Insolvenzgründe

Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)

Das Insolvenzverfahren kann eröffnet werden, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:

Zahlungsunfähigkeit des Schuldners liegt vor, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Nur vorübergehende Zahlungsstockungen sind dagegen kein Insolvenzgrund. Eine bloße Zahlungsstockung kann nur dann vorliegen, wenn der Schuldner kurzfristig (Zeitraum einzelfallabhängig, Richtwert: nicht mehr als zwei bis drei Wochen) imstande ist, sich die erforderlichen flüssigen Mittel zu beschaffen, um die Verbindlichkeiten zu begleichen. Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein.

Typische Indizien der Zahlungsunfähigkeit sind:

  • Nichtzahlung von Lieferanten
  • Nichtzahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherungsbeiträgen
  • Hingabe ungedeckter Schecks
  • Wechselproteste
  • Zwangsvollstreckungen / Vorliegen von Vollstreckungsanträgen
  • Anträge zur Abgabe der Vermögensauskunft
Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)

Drohende Zahlungsfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen zum späteren Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Zur Antragstellung wegen drohender Zahlungsunfähigkeit ist nur der Schuldner berechtigt. Damit soll missbräuchlichen Anträgen von Gläubigern vorgebeugt werden.

Überschuldung (§ 19 InsO)

Bei juristischen Personen (GmbH, AG etc.) kann auch die Überschuldung Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren sein. Nach § 19 Abs. 2 InsO liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Neben der rechnerischen Überschuldung – wenn also das auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesene Vermögen kleiner ist als die auf der Passivseite ausgewiesenen Verbindlichkeiten – ist die Fortführungsprognose für die Beurteilung des Insolvenzgrundes der Überschuldung maßgeblich. Rechnerisch überschuldete Unternehmen können der Insolvenzantragspflicht entgehen, sofern sie eine positive Fortführungsprognose aufstellen und diese belegen können.

Ablauf des Insolvenzverfahrens

Nach einem Insolvenzantrag beginnt zunächst ein Eröffnungsverfahren, das primär dem Schutz der künftigen Insolvenzmasse dient. Während dieser Phase werden die Verfahrensvoraussetzungen geprüft. Je nach Ausgang dieser Prüfung wird der Insolvenzantrag entweder abgelehnt oder das Insolvenzverfahren wird durch gerichtlichen Beschluss eröffnet.

Erst mit dem Insolvenzeröffnungsbeschluss und der Bestellung eines Insolvenzverwalters beginnt das eigentliche Insolvenzverfahren mit der Verwaltung und ggf. Verwertung des schuldnerischen Vermögens oder der Sanierung des Unternehmens.

Das Eröffnungsverfahren

Das Eröffnungsverfahren

Bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag hat das Gericht alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind und alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich scheinen, um eine für die Gläubiger nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern. Das Gericht kann insbesondere (vgl. §§ 21 ff. InsO)

  • einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen,
  • dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, dass die Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind,
  • Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht in unbewegliches Vermögen vollstreckt wird,
  • eine vorläufige Postsperre anordnen,ein Verwertungs- bzw. Einziehungsverbot in Bezug auf Gegenstände anordnen, an denen im Falle der Insolvenzeröffnung ein Absonderungsrecht oder ein Aussonderungsrecht besteht oder anordnen, dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens eingesetzt werden können.

Wird ein Insolvenzgutachter oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, so wird dieser zunächst prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird Maßnahmen treffen, um das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten (§ 22 InsO). Ein vorläufiger Insolvenzverwalter hat das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden.

Wird kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, so kommt dem vorläufigen Insolvenzverwalter nach Maßgabe gerichtlicher Bestimmung nur die Aufsicht über den weiterhin verfügungsbefugten Schuldner zu.

Im Eröffnungsverfahren kann ein vorläufiger Gläubigerausschuss einberufen werden (§ 22a InsO). Zwingend ist er, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat:

  • mindestens 4.840.000 Euro Bilanzsumme,
  • mindestens 9.680.000 Euro Umsatz pro Jahr,
  • mindestens 50 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.

Er soll eingesetzt werden, wenn der Schuldner, der vorläufige Insolvenzverwalter oder ein Gläubiger ihn beantragt und Personen benennt, die dafür in Frage kommen

Abschluss des Eröffnungsverfahrens

Wenn das Gericht seine Ermittlungen (oft mit Hilfe eines Insolvenzgutachters / Sachverständigen) abgeschlossen hat, wird es entweder

  • den Insolvenzantrag mangels Eröffnungstatbestand (Zahlungsunfähigkeit, drohender Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) abweisen,
  • den Insolvenzantrag mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abweisen oder
  • das Insolvenzverfahren eröffnen.

Der Eröffnungsbeschluss und der Abweisungsbeschluss werden öffentlich bekannt gemacht. Wird der Antrag als unbegründet abgewiesen, so trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens. Weitere Konsequenzen für das Unternehmen gibt es nicht.

Die Antragsabweisung mangels Masse führt bei juristischen Personen zu deren Auflösung. Sie werden kraft Gesetzes aus dem Handelsregister gelöscht. Natürliche Personen (z. B. Einzelkaufmann, persönlich haftende Komplementäre, nicht aber Vertreter des Schuldners, wie z. B. Geschäftsführer) werden im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Die Löschungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 26 Abs. 2 InsO).

Es erfolgen Mitteilungen an Behörden. Die Abweisung kann berufs- oder gewerberechtliche Folgen haben: Bei freien Berufen kann die Abweisung mangels Masse auch zum Widerruf der Zulassung führen. Bei Gewerbetreibenden kann gegebenenfalls eine Gewerbeuntersagung erfolgen. Auch Maklern, Anlageberatern, Bauträgern oder Baubetreuern kann die Erlaubnis entzogen werden. Unter Umständen kommen strafrechtliche Folgen in Betracht, wenn z. B. Insolvenzstraftaten / Bankrottdelikte (§§ 283 ff. Strafgesetzbuch - StGB) begangen wurden. Außerdem kann ein Berufsverbot als Geschäftsführer die Folge sein (vgl. § 6 Abs. 2 GmbHG).

Die Abweisung mangels Masse kommt nicht in Betracht, wenn es sich beim Schuldner um eine natürliche Person handelt und die Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 4a InsO beantragt und bewilligt wurde. Soweit der Schuldner oder ein Gläubiger die Abweisung verhindern will, kann er einen Massekostenvorschuss leisten. Geschäftsführer von GmbHs (und andere Antragspflichtige) können künftig unter Umständen vom vorschießenden Gläubiger auf Erstattung des vorgeschossenen Betrages und vom Insolvenzverwalter in eigene Haftung genommen werden (§ 26 Abs. 3 und 4 InsO). Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, muss der Schuldner die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters tragen. Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor, erlässt das Gericht einen Insolvenzeröffnungsbeschluss.

Das eröffnete Insolvenzverfahren

Auswahl des Insolvenzverwalters

Der Schuldner oder ein Gläubiger können einen Verwalter vorschlagen, ohne dass dies allein gegen die für das Amt erforderliche Unabhängigkeit sprechen würde. Auch die Tatsache, dass der vorgeschlagene Verwalter den Schuldner vorher allgemein über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat, bedeutet jedenfalls kein Ausschlusskriterium mehr (§ 56 Abs. 1 InsO).

Natürlich führt der Vorschlag nicht automatisch zur Bestellung der vorgeschlagenen Person. Das Gericht kann sie immer noch ablehnen. Der Bestellungsbeschluss braucht vom Gericht weiterhin in der Regel nicht begründet werden. Die Gläubiger werden allerdings deutlich an der Auswahl des Verwalters beteiligt: Dem vorläufigenden Gläubigerausschuss ist Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt (§ 56a InsO). Das Gericht ist dann grundsätzlich an die vorgegebenen Kriterien gebunden.

Inhalt des Eröffnungsbeschlusses

Im Eröffnungsbeschluss wird der Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens genau bezeichnet und ein Insolvenzverwalter bestimmt. Mit dem Eröffnungsbeschluss werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter anzumelden. Die Frist beträgt mindestens zwei Wochen, höchstens jedoch drei Monate.

Die Gläubiger werden außerdem aufgefordert, dem Insolvenzverwalter etwaige Sicherungsrechte mitzuteilen. Schuldnern des insolventen Unternehmens wird mitgeteilt, dass sie nicht mehr an dieses, sondern nur noch an den Insolvenzverwalter leisten dürfen.

Außerdem werden der sogenannte Berichtstermin und der Prüfungstermin bestimmt. Im Berichtstermin wird die Situation des Unternehmens dargestellt und entschieden, ob das Vermögen des Schuldners liquidiert wird oder ob Aussichten bestehen, das Unternehmen im Ganzen oder in Teilen zu erhalten und welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan oder eine übertragende Sanierung bestehen. Im späteren Prüfungstermin werden die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen ihrem Rang und Betrag nach geprüft. Berichts- und Prüfungstermin können bei einfach gelagerten Fällen verbunden werden.

Allgemeine Wirkungen des Eröffnungsbeschlusses

Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist, geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse (§ 35 InsO) gehörige Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, grundsätzlich auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO).

Das Vermögen wird also in Beschlag genommen und der Insolvenzverwalter ist alleine zur Geschäftsführung befugt.

Eigenverwaltung

Das Insolvenzgericht kann statt der Bestellung eines Insolvenzverwalters auch die Eigenverwaltung anordnen. In dem Fall führt der Schuldner sein Unternehmen unter Kontrolle durch einen Sachwalter selbst weiter. Er kann die Insolvenzmasse selbst verwalten und über sie verfügen. Der Sachwalter prüft die wirtschaftliche Lage und überwacht die Geschäftsführung. Es bedarf seiner Zustimmung zu Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, und im Übrigen hat er ein Widerspruchsrecht gegen Handlungen des Schuldners.

Voraussetzung für die Eigenverwaltung ist ein Antrag des Schuldners und dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird (§ 270 InsO). Vor der Entscheidung über den Antrag auf Eigenverwaltung ist einem etwaigen vorläufigen Gläubigerausschuss grundsätzlich Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Befürwortet der vorläufige Gläubigerausschuss die Eigenverwaltung einstimmig, ist das Gericht hieran gebunden. Auch eine vorläufige Eigenverwaltung vor Insolvenzeröffnung ist möglich (siehe dazu auch Ziffer 7 zu Schutzschirmverfahren).

Bei einem Eröffnungsantrag des Schuldners wegen drohender Zahlungsunfähigkeit verbunden mit dem Antrag auf Eigenverwaltung ist das Gericht verpflichtet, den Schuldner zu informieren, wenn gegen die Eigenverwaltung Bedenken bestehen. Damit hat der Schuldner die Möglichkeit, den Eröffnungsantrag noch zurückzunehmen. Dies soll als Anreiz dienen, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Der zum Insolvenzantrag Verpflichtete (siehe Ziffer 5.2.1) darf den Antrag auf Verfahrenseröffnung allerdings nicht zurücknehmen, nur weil er befürchtet, dass er die Kontrolle über das Unternehmen ohne die Bewilligung der Eigenverwaltung verliert.

Eine Ablehnung der Eigenverwaltung ist schriftlich vom Gericht zu begründen. Es gibt allerdings kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung.

Weitere Wirkungen und weiterer Ablauf des Insolvenzverfahrens

Zwangsvollstreckungen für einzelne Gläubiger sind im eröffneten Verfahren grundsätzlich nicht mehr zulässig. Weder durch Verfügungen des Schuldners noch durch sonstige Rechtserwerbe können an Gegenständen der Insolvenzmasse noch Rechte erworben werden. Juristische Personen und Personengesellschaften werden mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich aufgelöst, was von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen ist.

Laufende Gerichtsverfahren des insolventen Unternehmens werden automatisch unterbrochen. Der Rechtsstreit kann dann vom Insolvenzverwalter wieder aufgenommen werden. Nur im Ausnahmefall kann der Gläubiger den Prozess wieder aufnehmen, nämlich dann, wenn es eine Masseverbindlichkeit oder Aus- und Absonderungsrechte betrifft. Geht es dagegen um Insolvenzforderungen, so müssen diese zwingend zur Insolvenztabelle angemeldet werden.

Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters steht unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts, wobei die Zweckmäßigkeit des Verwalterhandelns nicht überprüft wird. Im Mittelpunkt der Insolvenzverwaltung steht entweder die Sanierung des Unternehmens oder die Verwertung des Vermögens. Soweit keine Sanierung in Betracht kommt, verwertet der Insolvenzverwalter die Gegenstände des Schuldnervermögens mit dem Ziel, etwaige Überschüsse in Form von Zahlungen einer Quote an die Gläubiger zu verteilen. Zur Verwertung gehört neben der Veräußerung von Gegenständen auch das Eintreiben offener Forderungen des Schuldners. Es erfolgen so genannte Insolvenzanfechtungen des Verwalters, durch die unter bestimmten Umständen in der Krise geleistete Zahlungen an Gläubiger wieder zurückgeholt werden können. Bei GmbHs prüft der Verwalter meist Ansprüche gegen den Geschäftsführer und die Gesellschafter und macht sie ggf. geltend. Insbesondere die Beitreibung von Forderungen des Schuldners kann unter Umständen längere Zeit in Anspruch nehmen.

Zunächst wird der Insolvenzverwalter in der Regel eine Reihe von Sofortmaßnahmen zur Sicherung, Inbesitznahme und Inventarisierung der Masse einleiten. Darüber hinaus hat er die Arbeitnehmer über die Insolvenzsituation zu unterrichten und laufende Verträge zu überprüfen und ggf. zu kündigen. Vertragsverhältnisse bleiben grundsätzlich trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. Der Verwalter darf wählen, ob er mit Mitteln der Insolvenzmasse einen Vertrag erfüllen oder ihn nicht erfüllen will (§§ 103 - 107 InsO). Bestimmte langfristig angelegte Verträge (Miet- und Pachtverträge über Grundstücke und Räume, Dienst- / Arbeitsverträge, Darlehensverträge, wenn Schuldner Darlehensgeber ist, § 108 InsO) unterliegen nicht dem Wahlrecht, sondern geben dem Verwalter ein einseitiges Kündigungsrecht. Vom Schuldner erteilte Aufträge, Geschäftsbesorgungsverträge und Vollmachten erlöschen automatisch durch die Insolvenzeröffnung (§§ 115 - 117 InsO). Der Insolvenzverwalter hat das Unternehmen regelmäßig bis zum Berichtstermin fortzuführen (siehe §§ 157, 158 InsO). Im Berichtstermin beschließt die Gläubigerversammlung, ob der Betrieb still gelegt oder vorläufig fortgeführt wird.

Eine selbstständige Tätigkeit des Schuldners kann grundsätzlich (weiterhin) ausgeübt werden. Prinzipiell führt eine Fortführung des Betriebs zu Masseverbindlichkeiten, für die die Insolvenzmasse haftet. Der Verwalter kann aber auch festlegen, dass der Erwerb aus der selbstständigen Tätigkeit nicht zur Masse gehört und die Masse somit auch nicht für weitere Verpflichtungen haftet. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, sich zur Haftungszuordnung zu erklären (§ 35 Abs. 2 InsO). Gibt er keine Erklärung ab, duldet er letztlich das Entstehen von Masseverbindlichkeiten aus dem fortgesetzten Betrieb des Schuldners.

Der insolvente Unternehmer ist berechtigt, über den Betrag zu verfügen, den der Insolvenzverwalter ihm und seiner Familie aus der Insolvenzmasse als notwendigen Unterhalt überlässt. Es handelt sich dabei meist um Beträge in Höhe des Pfändungsfreibetrages oder des Sozialhilfesatzes. Darüber hinaus ist eine Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse möglich, die der Insolvenzverwalter ausdrücklich bestätigen sollte.

Arbeitsrechtliche Folgen

Allgemeines

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht automatisch zur Auflösung der Arbeitsverträge. Diese bestehen vielmehr fort, wobei folgende Besonderheiten gelten:

Wird ein Insolvenzverwalter bestellt, so nimmt dieser sämtliche Arbeitgeberrechte und -pflichten wahr. Das Gleiche gilt auf Anordnung des Insolvenzgerichts für den vorläufigen Insolvenzverwalter.

Sozialversicherung des Arbeitnehmers

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers berührt nicht die Verpflichtung zur Beitragszahlung zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.

Besonderes Augenmerk ist auf die pünktliche Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge zu richten. Hier droht eine Strafbarkeit nach § 266 a Abs. 1 StGB, wenn sie nicht fristgemäß an die Träger überwiesen werden.

Auch im Zusammenhang mit Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung bestehen Aufklärungspflichten und die Pflicht zu richtigen und vollständigen Angaben, vgl. § 266 a Abs. 2 und 3 StGB.

Lediglich die Beiträge zur Unfallversicherung können entfallen, wenn die Arbeitnehmer nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur fristgerechten Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses von der Arbeit freigestellt wurden.

Kündigung

Grundsätzlich kann das Arbeitsverhältnis auch in der Insolvenz nur ordentlich gekündigt werden. In der Regel wird aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Der Insolvenzverwalter muss eine soziale Auswahl durchführen und den Betriebsrat anhören; bei Betriebsänderungen muss mit diesem ein Interessenausgleich angestrebt werden. Die Insolvenzordnung enthält hier besondere Regelungen.

Wenn nicht arbeitsvertraglich eine kürzere Kündigungsfrist festgelegt ist, beträgt diese im Insolvenzverfahren drei Monate zum Monatsende. Diese verkürzte Kündigungsfrist setzt sich gegenüber sämtlichen längeren Kündigungsfristen, Befristungen oder Unkündbarkeitsregelungen durch, gleichgültig, ob diese auf Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag beruhen.

Bei einer (teilweisen) Veräußerung des Geschäftsbetriebs kann u. U. die Regelung zum Betriebsübergang (§ 613 a BGB) gelten, wonach die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber mit übergehen.

Insolvenzgeld

Zum Schutz der Arbeitnehmer vor dem Lohnausfall wird unter bestimmten Voraussetzungen von der Bundesagentur für Arbeit ein Insolvenzgeld ausgezahlt. Der vom Insolvenzgeld abgedeckte Zeitraum umfasst grundsätzlich die letzten drei Monate vor dem Gerichtsbeschluss über die Insolvenzeröffnung oder über die Abweisung mangels Masse (so genanntes Insolvenzereignis). Das Insolvenzgeld wird grundsätzlich in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet (§§ 165 ff. SGB III).

Achtung:

Innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis kann der Arbeitnehmer bei der zuständigen Arbeitsagentur Insolvenzgeld beantragen (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Zuständig ist die Arbeitsagentur, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Hat der Arbeitnehmer aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, die Ausschlussfrist versäumt, kann er innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses den Antrag nachholen.

Weitere Informationen zum Insolvenzgeld finden Sie im Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit.

Um das insolvente Unternehmen fortzuführen und ggf. zu sanieren, gibt es grundsätzlich die Möglichkeit zur Vorfinanzierung des Insolvenzgelds durch ein Kreditinstitut, die i. d. R. durch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter für alle Arbeitnehmer gemeinsam eingeleitet wird. Wenn die berechtigte Annahme besteht, dass ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt, erteilt die Arbeitsagentur ihre dafür notwendige Zustimmung.

Folgen

Ende des Insolvenzverfahrens

Eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist erst nach vollständiger Verwertung der Insolvenzmasse möglich. Es müssen alle Rechtsstreitigkeiten beendet und sämtliche Vermögenswerte eingezogen sein. Das Verfahren kann daher oft mehrere Jahre dauern. Am Ende des Insolvenzverfahrens wird das Schuldnervermögen nach einer Befriedigung der Verfahrenskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten verteilt (Schlussverteilung).

Bei umfangreicheren Insolvenzverfahren kann unter Umständen eine Abschlagsverteilung erfolgen. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens könnte theoretisch eine in die Tabelle eingetragenen Forderung mittels Zwangsvollstreckung beim Schuldner eingetrieben werden. Allerdings werden juristische Personen (GmbH, AG, Verein etc.) nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gelöscht, so dass sie nicht mehr existent sind. Bei natürlichen Personen schließt sich oft ein Restschuldbefreiungsverfahren an, so dass danach auch gegen sie häufig nicht mehr vorgegangen werden kann.

Restschuldbefreiung

Natürliche Personen (Unternehmer und Verbraucher) können die Restschuldbefreiung beantragen.

Voraussetzung ist, dass der Schuldner (ggf. neben einem Fremdantrag) selbst einen Insolvenzantrag gestellt hat. Die Restschuldbefreiung ist vor allem dann für den Schuldner wichtig, wenn zu erwarten ist, dass er auch nach dem Insolvenzverfahren auf einem Schuldenberg sitzen bleiben wird. Nach einer sogenannten Wohlverhaltensperiode kann einem redlichen Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt werden. Diese bewirkt, dass der Schuldner von den restlichen (Alt-)Verbindlichkeiten gegenüber seinen Gläubigern befreit wird.

Die Restschuldbefreiung kann bereits nach drei Jahren erfolgen, wenn der Schuldner die Verfahrenskosten des Insolvenzverfahrens komplett bezahlt und mindestens 35 Prozent seiner Schulden beglichen hat. Zahlt er zumindest die Verfahrenskosten, ist eine Befreiung nach fünf Jahren möglich. In allen anderen Fällen wird der Schuldner wie bisher nach sechs Jahren schuldenfrei.

Der Schuldner muss sein pfändbares Arbeitseinkommen oder diesem gleichgestellte Bezüge an einen Treuhänder abtreten. Bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss sich der Schuldner um eine Erwerbstätigkeit bemühen. Der Treuhänder verteilt die pfändbaren Einkommensanteile quotal an die Gläubiger, das heißt, entsprechend ihrem Anteil an den Gesamtverbindlichkeiten. Hat also ein Gläubiger eine Forderung von 50.000 Euro gegen den Schuldner bei einer Gesamtverschuldung von 100.000 Euro, erhält er die Hälfte des pfändbaren Einkommens. Zwangs- und Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger sind während der Wohlverhaltensphase unzulässig. Pfändungen werden mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam. Nach erfolgreichem Abschluss der Wohlverhaltensperiode kann das Gericht nach Anhörung von Schuldner, Treuhänder und Gläubigern beschließen, dass der Schuldner nunmehr schuldenfrei ist.

Versagung der Restschuldbefreiung

Eine Versagung der Restschuldbefreiung kommt unter anderem dann in Betracht, wenn der Schuldner seine Erwerbsobliegenheiten verletzt, wegen Insolvenzstraftaten verurteilt wird, unter Umständen, wenn er in den letzten drei Jahren vor dem Insolvenzantrag bzw. danach vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Auch wenn er in den letzten drei Jahren vor dem Antrag bzw. danach Vermögen verschwendet oder auch Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt hat, wird ihm eine Restschludbefreiung versagt. Außerdem nehmen an der Restschuldbefreiung solche Forderungen nicht teil, die aufgrund einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung gegen den Schuldner begründet worden sind. Forderungen aus rückständigem Unterhalt sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn der Schuldner pflichtwidrig seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachgekommen ist und der Gläubiger die Forderung zur Tabelle angemeldet hat.

Auch Steuerstraftäter können nicht im Wege der Restschuldbefreiung von ihren Verbindlichkeiten befreit werden. Verstößt der Schuldner gegen seine Pflichten und Obliegenheiten, kann das Gericht bereits während der Dauer der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung versagen. Die Versagung der Restschuldbefreiung wird im Schuldnerverzeichnis eingetragen.

Sanierung

Um die Insolvenz eines Unternehmens als Sanierungschance nutzen zu können, sollte in der Unternehmenskrise möglichst frühzeitig ein Insolvenzantrag gestellt werden. Für den Schuldner gibt es deshalb die Möglichkeit, schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen. Neuerdings kann damit zugleich ein Antrag auf ein Schutzschirmverfahren gestellt werden (§ 270b InsO). Es handelt sich dabei um ein Verfahren zur Vorbereitung einer Sanierung durch einen Insolvenzplan in Kombination mit Eigenverwaltung, d. h. durch den Schuldnern selbst unter Aufsicht eines Sachwalters. Ist ein insolventes Unternehmen sanierungsfähig, kommen insbesondere folgende Sanierungswege in Betracht:

Die übertragende Sanierung

Anstatt einer Zerschlagung des insolventen Betriebes kann im Wege der so genannten übertragenden Sanierung der Betrieb oder ein Teilbetrieb an ein anderes Unternehmen veräußert werden. Die Veräußerung erfolgt durch Verkauf der einzelnen Sachen, Rechte und sonstigen Vermögenswerte (so genannter „Asset Deal“). Verkäufer ist der Insolvenzverwalter. Durch diese Konstruktion verbleiben die gesamten Verbindlichkeiten beim insolventen Unternehmen. Das insolvente Unternehmen durchläuft das Insolvenzverfahren und wird zerschlagen. Der Erwerber muss nicht nach § 25 Handelsgesetzbuch (HGB) für die Altverbindlichkeiten einstehen, wenn der Insolvenzverwalter das Handelsgeschäft im eröffneten Verfahren erworben hat. Darüber hinaus haftet der Erwerber, der das Unternehmen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erwirbt, auch nicht für die Betriebssteuern gem. § 75 Abgabenordnung (AO).

Größtes Hindernis für eine übertragende Sanierung ist in der Praxis allerdings oft die Vorschrift des § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Betriebsübergang, wonach der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Wichtig ist eine frühe und sorgfältige Planung und Vorbereitung der übertragenden Sanierung – möglichst schon im vorläufigen Insolvenzverfahren. Der potenzielle Erwerber will so viele Informationen wie möglich erhalten. Einer Beratung durch Sanierungsspezialisten ist dringend anzuraten.

Der Insolvenzplan

Der Insolvenzplan soll die Möglichkeit eröffnen, eine Insolvenz einvernehmlich und durch den Schuldner / die Gläubiger gesteuert abzuwickeln (§§ 217 ff. InsO). Er kann vielfältige Ausgestaltungen haben und ermöglicht ein hohes Maß an Flexibilität. Die Gläubiger sind umfassend am Verfahren beteiligt. Im Insolvenzplan kann von den Vorschriften der Insolvenzordnung abgewichen werden, wenn dies zu einer besseren und wirtschaftlich effektiveren Verwirklichung der Gläubigerbefriedigung führt. Im Insolvenzplan kann auch eine Liquidation, eine übertragende Sanierung oder die Reorganisation des Unternehmens geregelt werden. Auch Mischformen sind möglich. Im Gegensatz zur übertragenden Sanierung bleibt der alte Unternehmensträger bei der Sanierung durch Insolvenzplan erhalten und wird fortgeführt.

Erstellung des Insolvenzplans

Zur Erstellung und Vorlage eines Insolvenzplans berechtigt sind der Schuldner und der Insolvenzverwalter. Den Gläubigern steht kein eigenes Initiativrecht zu. Die Gläubigerversammlung kann aber den Insolvenzverwalter unter Vorgabe bestimmter Planziele beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und durch diese Vorgaben starken Einfluss auf die Ausgestaltung des Plans nehmen. Der Plan muss einen darstellenden Teil enthalten, der das bisherige Geschehen, die Grundlagen und die Auswirkungen des Plans beschreibt und einen gestaltenden Teil, in dem festgelegt wird, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. Der darstellende Teil soll den Gläubigern die Möglichkeit geben, anhand umfassender Informationen darüber zu entscheiden, ob der Plan angenommen wird. Es empfiehlt sich hier, einen Vergleich zwischen den Befriedigungsaussichten des einzelnen Gläubigers ohne Plan bei Zerschlagung des Unternehmens und den Befriedigungsaussichten, die sich mit Plan ergeben können, zu ziehen. Zum gestaltenden Teil gehören zum Beispiel Aussagen, welche Forderungen voll erfüllt werden, welche gestundet und welche erlassen werden sollen. Bei der Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan sind Gruppen zu bilden, soweit Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind.

Gestaltungsmöglichkeiten

Die Insolvenzordnung gibt eine Reihe an Möglichkeiten zur Gestaltung eines Insolvenzplans, die zu erfolgreichen Sanierungen führen können. Dazu gehört das Instrument „Debt-to-Equitiy-Swap“, durch das im Insolvenzplan vorgesehen werden kann, dass Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldnerunternehmen umgewandelt werden (§ 225 a Abs. 2 InsO). Da hierdurch die Widerstände von Altgesellschaftern überwunden werden können, verbessern sich die Chancen auf eine erfolgreiche Unternehmenssanierung.

Im Plan kann darüber hinaus jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten (§ 225 a Abs. 3 InsO). Dies führt zu einer Abkehr von der bisherigen strikten Trennung zwischen Insolvenz- und Gesellschaftsrecht. Im Wesentlichen bezwecken die Gesetzesänderungen beim Insolvenzplanverfahren, Verfahrenshindernisse auf dem Weg zu einer erfolgreichen Umsetzung eines Insolvenzplans zu beseitigen. Wichtige Änderungen finden sich auch in Eingriffsmöglichkeiten in Rechte der absonderungsberechtigten Gläubiger und Insolvenzgläubiger (§§ 223 f. InsO) und in der Einbeziehung von Gesellschaftern in den Insolvenzplan (§ 217 Satz 2 InsO). Die Gesellschafter stellen dann eine eigene „Gläubigergruppe“ dar.

Weiteres Vorgehen

Der Insolvenzplan ist dem Insolvenzgericht vorzulegen, das ihn auf Formalia überprüft. Anschließend wird der Plan dem Gläubigerausschuss und dem Schuldner bzw. Insolvenzverwalter (je nachdem, wer ihn vorgelegt hat), zur Stellungnahme übersandt. In einem Erörterungs- und Abstimmungstermin muss der Insolvenzplan durch einen Beschluss der Gläubiger angenommen werden. Die Gläubiger stimmen in den festgelegten Gruppen ab. Jede Gruppe stimmt gesondert über den Insolvenzplan ab. Der Plan ist angenommen, wenn in jeder Gruppe eine Kopf- und Summenmehrheit erreicht wird (§ 244 InsO). Auch die Zustimmung des Schuldners ist erforderlich.

Abschließend muss der Plan vom Insolvenzgericht bestätigt werden. Durch eine angemessene Beschränkung der Rechtsmittel gegen die Planbestätigung soll erreicht werden, dass das Wirksamwerden des Plans nicht mehr durch missbräuchliches Verhalten einzelner Gläubiger verhindert werden kann (Obstruktionsverbot, § 245 InsO). Dieses soll verhindern, dass ein wirtschaftlich sinnvoller Plan am Widerstand einzelner Gläubiger scheitert. Kommt die erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht zustande, gilt deren Zustimmung trotzdem als erteilt, wenn die Gläubiger der betreffenden Gruppe durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden, und wenn diese Gläubiger angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der den Beteiligten auf der Grundlage des Plans zufließen soll.

Bislang war ausreichend für die Versagung der Planbestätigung, dass Gläubiger eine angebliche Schlechterstellung durch den Plan glaubhaft gemacht haben. Künftig müssen weitere Voraussetzungen vorliegen. Eine sofortige Beschwerde gegen den Planbestätigungsbeschluss wird somit in Zukunft seltener zu einer Abweisung des Plans führen als bisher. Auch Altgesellschafter können sich nicht ohne weiteres gegen die im vorgeschlagenen Insolvenzplan enthaltenen Lösungen wehren. Für sie gilt ein besonderes Obstruktionsverbot (§ 245 Abs. 3 InsO). Eine Schlechterstellung durch den Plan kann jedenfalls dann nicht erfolgreich behauptet werden, wenn ohne ihn die Sanierung scheitert und der Anteil des Gesellschafters damit wertlos wäre.

Auswirkungen des Insolvenzplanverfahrens

Die Wirkungen eines rechtskräftig bestätigten Insolvenzplans treten für und gegen alle Beteiligten ein, also auch gegenüber Insolvenzgläubigern, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben und gegenüber Beteiligten, die dem Plan widersprochen haben. Gerät allerdings der Schuldner mit der Erfüllung des Plans gegenüber einem Gläubiger erheblich in Rückstand, werden für diesen Gläubiger im Plan vorgesehene Stundungen oder ein teilweiser Erlass von Forderungen hinfällig. Gläubiger können aus dem Plan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle wegen festgestellter Forderungen die Zwangsvollstreckung betreiben. Im Insolvenzplan kann vorgesehen werden, dass die Erfüllung des Plans durch den Insolvenzverwalter überwacht wird.

Für erst nach Abschluss des Planverfahrens geltend gemachte Forderungen gilt folgendes: Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen bis zum Abstimmungstermin nicht angemeldet haben, können untersagt oder einstweilig eingestellt werden, soweit die Durchführung des Insolvenzplans gefährdet wäre (§ 259 a InsO). Forderungen, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden sind, unterliegen einer Verjährungsfrist von einem Jahr (§ 259 b InsO).

Mit dem Insolvenzplanverfahren können knapp die Hälfte der erhaltungsfähigen Unternehmen fortgeführt (MIMO, Creditreform) und fast 60 Prozent der betroffenen Arbeitsplätze gerettet werden (Institut für Mittelstandsforschung). Ungesicherte Gläubiger erhalten zudem im sanierungsorientierten Planverfahren für ihre Forderungen normalerweise eine Quote von 13 - 20 Prozent, in Einzelfällen sogar über 30 Prozent und damit weit mehr als im Regelinsolvenzverfahren (in der Regel unter 5 Prozent). Bislang wurde von Insolvenzplanverfahren wegen struktureller Mängel des Verfahrens kaum Gebrauch gemacht. Dabei bietet das Planverfahren gerade in Kombination mit der Eigenverwaltung, bei der die Leitung des Unternehmens in den Händen der Geschäftsführung unter Aufsicht des Insolvenzverwalters verbleibt, Unternehmen die Möglichkeit, gut vorbereitet in ein Insolvenzverfahren einzutreten.