Klischees von gestern, Zukunft von heute: Frauen in Männerberufen

Laut Definition spricht man dann von typischen Frauen- oder Männerberufen, wenn der Anteil des jeweils anderen Geschlechts weniger als 20 Prozent beträgt – so etwa im Maschinenbau. Unsere Autorin berät als Juristin Unternehmen aus dem technischen Umfeld. Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen.

 

Der Maschinenbau ist traditionell stark von Männern dominiert, ebenso wie der juristische Beruf. Als Rechtsanwältin, spezialisiert auf die Beratung von Unternehmen im Maschinenbau, vereine ich in meinem Beruf gleich zwei Männerdomänen. Als Frau in dieser Doppelrolle stehe ich täglich vor Herausforderungen, aber auch vor spannenden Chancen. Viele fragen mich, wie ich es schaffe, mich in einer so stark männlich geprägten Branche durchzusetzen. Der Schlüssel liegt in Fachkompetenz, Durchsetzungsvermögen und exzellenter Vorbereitung. Als Frau in einer beratenden Funktion werde ich oft genauer unter die Lupe genommen. Viele Aussagen werden bis auf die Basis hinterfragt, und es wird erwartet, stets bestens informiert und vorbereitet zu sein. Dies erhöht den Druck, bietet mir aber auch die Möglichkeit, durch exzellente Vorbereitung und Fachkompetenz zu glänzen. Unbewusste Vorurteile spielen eine große Rolle. Diese können subtile Formen annehmen, wie die Annahme, dass Frauen weniger kompetent in technischen Fragen seien oder dass sie weniger durchsetzungsfähig sein könnten. Vorurteile können sich in alltäglichen Situationen äußern, zum Beispiel, wenn Frauen weniger herausfordernde Aufgaben zugeteilt bekommen oder wenn ihre Meinungen in Meetings weniger Gewicht haben.


Nicht nur seit meiner Kanzleigründung, sondern bereits während meiner Tätigkeit in der Rechtsabteilung eines Maschinenbau-Unternehmens sind Vorurteile und Stereotype ständige Begleiter. Gerade Anwältinnen müssen ihre Kompetenz kontinuierlich unter Beweis stellen, um das Vertrauen der Mandanten zu gewinnen. Dies erfordert nicht nur fundierte Fachkenntnisse, sondern auch eine hohe Professionalität und Überzeugungskraft. Der tägliche Umgang mit Mandanten bringt genau diese Herausforderungen mit sich. Meine Mandanten – Unternehmen im Maschinenbau – haben oft Probleme, komplexe Verträge, die ihnen von der Gegenseite vorgelegt werden, zu verstehen. Verträge sind häufig unübersichtlich und voll mit juristischen Fachbegriffen, die den Geschäftsführern und Mitarbeitern das Leben schwer machen. Sie sind gezwungen, ihre Kapazitäten damit zu verschwenden, diese Verträge zu prüfen – ohne am Ende wirklich zu verstehen, was dort steht. Das führt dazu, dass Verträge unterschrieben werden, ohne die Risiken vollständig zu kennen, was ein erhebliches Risiko für das Unternehmen darstellt. Meine Aufgabe ist es unter anderem, Unternehmen diese Aufgabe abzunehmen und sie vor unerwarteten Fallstricken zu schützen.

Trotz der genannten Herausforderungen bietet die Position als Frau in dieser Branche erhebliche Vorteile. Frauen bringen oft innovative Ansätze ein, die in einem traditionell männlich geprägten Umfeld erfrischend und bereichernd sind. Ich habe gelernt, dass Weiterbildung und Spezialisierung entscheidend sind. In einer sich ständig weiterentwickelnden Branche wie dem Recht ist es wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und sich kontinuierlich fortzubilden. Dies schafft nicht nur Vertrauen bei den Mandanten, sondern erhöht auch die eigene Kompetenz und das Selbstvertrauen.

Arbeiten als Frau in der Rechtsberatung für den Maschinenbau ist zweifellos herausfordernd, aber auch äußerst bereichernd. Indem wir Vorurteile abbauen und unsere Stärken ausspielen, können wir als Frauen in diesen Bereichen nicht nur erfolgreich sein, sondern auch einen nachhaltigen Wandel bewirken. Mit diesem Beitrag möchte ich Frauen ermutigen, ihren Weg in der Anwaltschaft oder im Maschinenbau zu gehen und die Chancen, die sich bieten, zu nutzen. Denn Vielfalt ist nicht nur eine Bereicherung, sondern auch ein wichtiger Faktor für den langfristigen Erfolg.

Carina Nicola

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