Denkt man ans Surfen, kommen einem meistens türkisblaues Wasser oder endlose Strände in den Sinn. Julian Piller aus Unterspiesheim hat es geschafft, diesen Lifestyle nach Mainfranken zu bringen – mit einem vollelektrischen Surfboot, das auf dem Main emissionsfrei und geräuschlos Wellen erzeugt.
Julian Piller war nicht immer der Typ, der mit dem Surfbrett durch die Gegend zog. Seine Karriere begann anders: als gelernter Industriemechaniker. Hier habe er unter anderem Kaltumformungspressen repariert, erzählt er im Interview. Es folgten Weiterbildungen zum Fach- und Betriebswirt bei der IHK, ein Sprung in den technischen Vertrieb bei Würth und schließlich die Rolle als Digitalisierungsberater. Dort lernte er Projektmanagement – und besonders holistisches Denken und zielgenaues Arbeiten.
Doch bald geriet er an einen persönlichen Wendepunkt: „Die Idee, dass ich selbstständig werden will, war schon lange in meinem Kopf.“ Der entscheidende Moment kam nach einem zweijährigen Aufenthalt in Portugal, wo er auch regelmäßig surfte. Er dachte sich: Wieso nicht einfach diese Leidenschaft direkt nach Würzburg bringen? Gesagt, getan: In insgesamt fünf Monaten Arbeit hat er schließlich ein 31 Jahre altes Motorboot auf Elektroantrieb umgerüstet und optisch aufgewertet.
Schnell stand für Julian fest: Surfen klappt nicht nur an der Küste. Ihm war wichtig, dass auch in seiner Heimat gesurft werden kann. In Eibelstadt gibt es eine schöne Badebucht mit passendem Café und eine ausgewiesene Wassersportstrecke, die bequem per Autobahn oder Mainradweg zu erreichen sind – der perfekte Ort, um seine Idee vom Startup zu verwirklichen. Doch warum der Name „Olaria Surf“? Julian wählte einen Namen, der die Verbindung zwischen Welle und Fluss ausdrückt. „‚Ola‘ heißt Welle, ‚Rio‘ bedeutet Fluss. Und zusammen klingt es wie ein Paradies – ein Wellenparadies“, so Piller.
Am 1. Januar 2024 war es dann so weit: Olaria Surf wurde offiziell gegründet. Mit seinem vollelektrischen Surfboot bietet der 29-jährige Unterfranke eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Surfangeboten. Das Boot sei nicht nur „ökonomisch und technisch sehr effizient“, sondern auch „ganz leise“, sodass man mehr Natur wahrnehmen könne, wodurch der Spaßfaktor immens steige. Das sehen auch die Kunden so: vier von fünf kommen immer wieder – und sie kommen aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland. Seine jüngste Teilnehmerin war 6, der älteste bisher ein 65 Jahre alter Münchner. Und um den Sport noch inklusiver zu gestalten, soll Olaria Surf auch bald spezielle Boards für Menschen mit Behinderung bekommen.
Natürlich lief nicht immer alles glatt. „Im ersten Jahr habe ich viel Lehrgeld gezahlt“, gibt der Gründer und einzige Mitarbeiter von Olaria Surf zu. Hinzu kommen organisatorische Hürden: Der Main ist eine stark frequentierte Wasserstraße und die Absprache mit anderen Nutzern nicht immer einfach. Gerade im Sommer sei es „viel zu oft viel zu voll auf dem Main“. Im Stillen träumt der Surfer und Skater davon, mit seinen Kunden auch vor der alten Mainbrücke in Würzburg surfen zu können. Die Aushandlung eines eigenen Surfgebiets befindet sich bereits in Absprache mit den regionalen Behörden.
Der gebürtige Unterspiesheimer hat große Pläne. Die „beste Welle seines Lebens“ wartet quasi noch auf ihn. Sein mobiles Surfkonzept ermöglicht es ihm beispielsweise, eine Tournee durch Deutschland zu organisieren und weitere Standorte zu erschließen, die „eigentlich keine Welle haben“. Um sich breiter zu diversifizieren und aufgrund wachsender
Nachfrage arbeitet Julian außerdem bereits an einer 100 Prozent nachhaltigen, multifunktionalen Surfponcho-Lösung mit regionalen Partnern. Und wer weiß? Vielleicht wird es eines Tages sogar mehrere Olaria-Surf-Schulen in Deutschland geben? Das Interesse ist groß und das innovative „Tourismuskonzept“ von Ola-ria Surf wird bereits vom bayerischen Staat gefördert. Denn auf immer mehr Gewässern sind und werden Benzinboote verboten.
Julian Piller erlebt seinen Alltag als erfüllend. Die Zeit morgens nutzt er nach Möglichkeit gerne für sich. Ab 12 Uhr geht es dann richtig los: Kunden betreuen, surfen, erklären. „Es macht mich jedes Mal wieder glücklich zu sehen, wie viel Spaß die Kunden auf der Welle haben“, verrät er. Durch seine spezielle Drei-Schritt-Methode würde jeder das Surfen in kürzester Zeit erlernen. Abends schneidet Julian Videos für seine Social-Media-Kanäle. Doch weiß er: „Jeder Post bringt mindestens einen neuen Termin.“
Bild: Olaria Surf Julian Piller
Den WiM-Artikel finden Sie hier.