Wie New Work Geschlechterrollen aufbricht

Als Mutter von zwei Kindern und Unternehmerin wurde ich gebeten, an dieser Stelle einen Text über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schreiben. Ich muss gestehen, dass mir das echt schwer gefallen ist. Nicht, weil ich nicht über meine Erfahrungen sprechen möchte, sondern weil ich mich frage: Warum wird diese Frage eigentlich immer nur uns Frauen gestellt?

Väter sind genauso in das Spannungsfeld zwischen Arbeit und Familie involviert. Warum fragt niemand nach ihren Perspektiven? Stellen wir doch den Vätern die Frage: Wie organisierst du den Kuchen für den Kita-Geburtstag morgen, wenn heute am Abend noch Elternbeiratssitzung ist und du den ganzen Tag arbeiten musst? Bei uns ist das zumindest ein klarer Fall für meinen Mann. Männer jonglieren ebenfalls mit den Herausforderungen des Familien- und Berufslebens. Ihre Erfahrungen und Einsichten sind genauso wichtig wie unsere. Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gesellschaft auch für ihre Geschichten interessieren. Und vielleicht mit neuen Ansätzen im Arbeitsalltag weitere Anreize für eine ausgewogenere Verteilung der Zuständigkeiten schaffen.

Und da bin ich bei einem Themenkomplex angekommen, über den ich nicht mehr aufhören kann zu sprechen: Kreativität und New Work. Spätestens seit der Gründung unseres Co-Working-Spaces lernen meine Schwester und ich ständig neue Lösungen und innovative Ansätze aus den unterschiedlichsten Branchen für das Arbeiten der Zukunft kennen. Veränderungen gab es hier schon immer, in letzter Zeit hat sich die Geschwindigkeit aber merklich erhöht. Hier mal ein Einblick in den Wandel meiner Arbeit als Foto- und 

Videografin: In einem meiner ersten selbst produzierten Videos fuhr ein LKW von links nach rechts durchs Bild. Die Aufgabe: das Logo während der Fahrt auf den LKW montieren. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich jeden einzelnen Frame (25 Stück pro Sekunde!) manuell anpassen musste. Ein wahres Geduldsspiel, das heute dank künstlicher Intelligenz (KI) Geschichte ist. Heute genügen zwei Klicks – und das Logo wird automatisch generiert.

Apropos Zeit sparen – genau das ist einer der Gründe, warum ich KI in meiner Arbeitswelt begrüße. Als Kreative ist meine Zeit kostbar, und KI ermöglicht es mir, Aufgaben zu automatisieren und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren: meine Kreativität. Statt Stunden mit Rechtschreibung und Grammatik zu kämpfen, kann ich mich darauf konzentrieren, Inhalte zu schaffen. KI ist kein Hindernis für Kreativität, sondern ein wertvolles Werkzeug, das sie eher beflügelt. Ich bin fest überzeugt, dass das nicht nur mir so geht, sondern dass es generelle Auswirkungen auf die Arbeitswelt hat. Durch die Automatisierung von Aufgaben können wir uns stärker auf kreative Prozesse konzentrieren. Und damit einem Aspekt mehr Platz einräumen, der häufig bei all den Aufgaben zu kurz kommt: der Kommunikation untereinander. Diese Veränderung habe ich nicht nur in meinem eigenen Arbeitsalltag in der Agentur erlebt, sondern auch in unserem Co-Working-Space.

Ein bemerkenswertes Ereignis war das von uns organisierte Barcamp, bei dem Vertreter verschiedenster Branchen – vom Handwerk über die IT bis hin zu Dienstleistungen – zusammenkamen. Innerhalb kürzester Zeit entwickelten wir gemeinsam neue Ansätze, wie das Thema New Work in Zukunft angegangen werden kann. Besonders überraschend waren die innovativen Ideen, die aus dem Handwerksbereich kamen – ein Bereich, in dem viele nicht unbedingt große Veränderungen vermuten würden. In Zukunft wird genau das noch wichtiger: der Austausch untereinander. Lasst uns also die Chancen nutzen, die Werkzeuge wie KI mit sich bringen, um gemeinsam eine Arbeitswelt zu gestalten, die von Kreativität, Kommunikation und menschlichen Beziehungen geprägt ist. Ganz sicher finden sich dabei auch neue Lösungen der Arbeitsteilung, unabhängig von Geschlechterrollen. Ich würde mich freuen, wenn das langfristig zu mehr Gleichgewicht von Frauen und Männern in der Arbeitswelt führt.

Ellen Kimmel

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