Rücktritt vom Kaufvertrag

BGH: Schadensersatz bei verweigerter Rücknahme mangelhafter Kaufsache

Die Weigerung des Verkäufers, nach dem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag die vom Käufer zum Zwecke der Rückgewähr in Natur angebotene mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, kann jedenfalls unter den besonderen Umständen des Einzelfalls (hier: Arsenbelastung großer Mengen vom Verkäufer gelieferten Recycling-Schotters) als Verletzung von Rücksichtnahmepflichten im Rückgewährschuldverhältnis anzusehen sein, die zu einem Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer gemäß § 280 Abs. 1 BGB führen kann.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 29.11.2023 (Az. VIII ZR 164/21) entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall errichtete das klagende Bauunternehmen für eine Kundin (im Folgenden: Bauherrin) einen Park- und Containerverladeplatz. Hierfür hatte die Klägerin bei der Beklagten, einer Baustoffhändlerin, Recycling-Schotter gekauft. Die Klägerin zahlte den Kaufpreis und verbaute den Schotter. Im weiteren Verlauf beanstandete die Bauherrin gegenüber der Klägerin nach einer Materialprobe eine Arsenbelastung des Recycling-Schotters. Die Klägerin verpflichtete sich, den Schotter zu entfernen, zu entsorgen und neuen Schotter einzubringen. Sie nahm ihrerseits die Baustoffhändlerin in Regress und trat vom Kaufvertrag zurück. Die Baustoffhändlerin weigerte sich, den belasteten Schotter abzuholen. Daher klagte das Bauunternehmen unter anderem auf Ersatz der Kosten für Ausbau, Abtransport und Entsorgung des mangelhaften sowie Einbau des neuen Recycling-Schotters.

Der BGH hat den Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen und die Frage offengelassen, ob der Verkäufer zur Rücknahme der Kaufsache verpflichtet ist. Das Gericht hat aber klargestellt, dass sich der eingeklagte Schadensersatzanspruch unter den hier gegebenen besonderen Umständen des Einzelfalls ohne weiteres bereits aufgrund einer von der Beklagten zu vertretenden Verletzung von Rücksichtnahmepflichten im Rückgewährschuldverhältnis ergeben kann.

Der Rücktritt vom Kaufvertrag wandelt den Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis um, mit dem die vor dem Vertragsschluss bestehende Rechtslage wiederhergestellt werden soll (§§ 346 ff. BGB). Beide Vertragsteile sind zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen (Ware; Kaufpreis) verpflichtet. Dabei bestehen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber der anderen Partei. Jede Partei hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass sich ihre Lage nicht verschlechtert.

Im Einzelfall kann bereits der weitere Verbleib der Kaufsache beim Käufer wegen der Verantwortlichkeit für deren Zustand, Aufbewahrung und Behandlung mit erheblichen, auch finanziellen, Belastungen für den Käufer verbunden sein. Dies gilt erst recht für eine gebotene Entsorgung der mangelhaften Kaufsache. Bieten sonstige gesetzlich vorgesehene Möglichkeiten in einer solchen Situation aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls keinen hinreichenden Käuferschutz, so bejaht der BGH einen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer. Denn in einem solchen Fall liegt regelmäßig ein Verstoß des Verkäufers gegen seine Rücksichtnahmepflicht vor, wenn er die angebotene Kaufsache nicht zurücknimmt, obwohl ihm die besondere Belastung des Käufers erkennbar geworden ist.

Quelle: BGH, Urteil vom 29.11.2023 (Az. VIII ZR 164/21)