Der konjunkturelle Ausblick wird frostig

Von mangelnder Planungssicherheit über hohe Kosten bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen: Die Liste der Marktrisiken, die derzeit auf die mainfränkische Wirtschaft einwirken, ist lang. Entsprechend düster blicken die Unternehmen auf die kommenden Monate.

„Die mainfränkische Wirtschaft stellt sich auf einen harten Winter ein“, resümiert Elena Fürst, Konjunkturreferentin der IHK Würzburg-Schweinfurt. Sie bezieht sich dabei auf den IHK-Konjunkturklimaindikator, der die Einschätzungen der mainfränkischen Unternehmen aller Branchen zur aktuellen Geschäftslage und zu den künftigen Geschäftserwartungen in einem Wert zusammenfasst und als wirtschaftliches Stimmungsbarometer gilt. Dieser ist im Vergleich zur Vorumfrage im Frühjahr um 15 Punkte gefallen und erreicht aktuell nur noch einen Wert von 98 Punkten. Damit liegt der Indikator wieder unter der 100-Punkte-Marke, die die Grenze zwischen positiver und negativer Stimmung markiert. „Sowohl der Lage- als auch der Erwartungsindikator kennen derzeit leider nur eine Richtung - nach unten“, erklärt Fürst.

Weder das In- noch das Auslandsgeschäft liefern Wachstumsimpulse

Ein Blick ins Detail: Ein Drittel (34 Prozent) der Unternehmen beurteilt die aktuelle Lage als gut, 17 Prozent äußern sich negativ. Auch wenn die positiven Rückmeldungen überwiegen, rutscht der Saldo auf 17 Zähler ab. Damit sei das Niveau so niedrig wie zuletzt im Frühjahr 2021, also kurz nach den Corona-Lockdowns, sagt Fürst. „Sieht man von der Anfangszeit bei der Coronapandemie einmal ab, haben die Betriebe ihre laufenden Geschäfte in den vergangenen zehn Jahren nie schlechter bewertet als in dieser Befragung.“ Weder das In- noch das Auslandsgeschäft liefern derzeit Wachstumsimpulse. Zwar berichten die Betriebe von einer soliden Auslastung – rund acht von zehn Betrieben sind voll oder zufriedenstellend beschäftigt. Doch der Anteil derer, die nicht ausreichend ausgelastet sind, steige langsam und kontinuierlich an, so die Konjunkturexpertin. „Hohe Kosten, steigende Zinsen, ein schwacher privater Konsum, die seit längerem schwächelnde Inlandsnachfrage und die zunehmend ins Stocken geratene Auslandsnachfrage bilden ein schwieriges Marktumfeld für die mainfränkische Wirtschaft. Die fehlende Planungssicherheit und eine wenig unternehmensfreundliche Politik kommen erschwerend hinzu. Vielen Betrieben fehlt inzwischen die Zuversicht für eine wirtschaftliche Trendwende.“ 

Dementsprechend düster sind auch die Geschäftsaussichten für die kommenden zwölf Monate. Nur etwa jedes fünfte mainfränkische Unternehmen rechnet mit einer Belebung der Geschäftstätigkeit, während gut 40 Prozent mit Einbußen rechnen. Der Saldo rutscht auf minus 17 Punkte ab, was in etwa dem Niveau zu Zeiten des Ausbruchs der Coronapandemie entspricht. „Die Pessimisten sind wieder deutlich in der Überzahl. Dies zieht sich - natürlich in unterschiedlicher Intensität - durch alle Branchen“, so Fürst. Die mainfränkischen Unternehmen rechnen mit einem Rückgang der Inlandsnachfrage. Die exportorientierte Industrie erwartet zumindest eine weitgehend stabile Ordertätigkeit aus dem Ausland. Lichtblicke gibt es auf dem nordamerikanischen Markt, gleichzeitig drohen Einbußen auf anderen wichtigen Auslandsmärkten wie Europa oder China.

Ob Energiepreise, Arbeitskräftemangel, konjunkturelle Rahmenbedingungen oder Arbeitskosten: Jeweils mehr als die Hälfte der mainfränkischen Unternehmen sieht in diesen Punkten ein Konjunkturrisiko für das eigene Unternehmen. „Die Risikoeinschätzung hat insgesamt deutlich zugenommen, die mainfränkische Wirtschaft kämpft auf breiter Front mit ganz unterschiedlichen Störfeuern.“ Entsprechend fehle der Nährboden für Investitionen und die Investitionsbereitschaft drehe per Saldo ins Negative. Auch die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen sei eher restriktiv. Mit Blick auf den Fachkräftemangel wolle die Mehrheit ihre Belegschaftsgröße konstant halten, mit Neueinstellungen wollen sich die Unternehmen jedoch zurückhalten.

Die Wirtschaft braucht Planbarkeit und Verlässlichkeit

Auch der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Lukas Kagerbauer blickt mit Sorge auf die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage. „Das Konjunkturklima wird immer frostiger, gleichzeitig nimmt die wirtschaftliche Unsicherheit weiter zu.“ Dabei könnte ein Großteil der Risiken durch konsequentes politisches Handeln beseitigt werden, ist sich Kagerbauer sicher. „Weniger Bürokratie, eine bezahlbare und verlässliche Energieversorgung oder digitale Verwaltungsabläufe – die Liste möglicher Ansatzpunkte ließe sich beliebig verlängern.“ Kagerbauer ist überzeugt, dass die heimische Wirtschaft mit gezielten politischen Maßnahmen bald wieder in den Erfolgsmodus zurückkehren kann. „In jeder Krise steckt auch eine Chance. Die Unternehmen haben auch in den vergangenen Krisen immer wieder Stärke, Robustheit und Innovationsgeist bewiesen.“ Jetzt sei es an der Zeit, für zukunftsfähige und global wettbewerbsfähige Standortbedingungen zu sorgen. Die Wirtschaft brauche keine weiteren Regulierungen, sondern spürbare Entlastungen. Streit und politische Machtkämpfe seien fehl am Platz. „Die Wirtschaft braucht gut vorbereitete und durchdachte Entscheidungen, Planbarkeit und Verlässlichkeit“.

Die Befragung wurde im Zeitraum vom 18. bis 29. September 2023 durchgeführt. Von 823 befragten Unternehmen haben sich 268 beteiligt. Die vollständigen Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage mit ausführlicher Branchenauswertung finden Interessierte online unter: www.wuerzburg.ihk.de/konjunktur  

Information:
Elena Fürst
Tel. 0931 4194-320
E-Mail: elena.fuerst@wuerzburg.ihk.de