Die „Verordnung über die Bestellung von Gefahrgutbeauftragten in Unternehmen“ (Gefahrgutbeauftragtenverordnung - GbV) wurde am 19. Dezember 1989 verkündet und trat am 1. Oktober 1991 in Kraft. Nach vormals reinen Schulungspflichten wurde 1999 die Gefahrgutbeauftragtenprüfung eingeführt. Ziel dieser Verordnung ist es, den Unsicherheitsfaktor Mensch im Sicherheitssystem positiv zu beeinflussen, indem den an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligten Personen ausreichende Kenntnisse über ihre Pflichten und Verantwortlichkeiten nach den Gefahrgutvorschriften vermittelt werden. Insbesondere soll durch die sachgerechte Anwendung dieser Vorschriften das Transportrisiko minimiert werden.
Was sind gefährliche Güter im Sinne der Gefahrgutvorschriften?
Gefahrgüter im Sinne des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBefG) sind Stoffe und Gegenstände, von denen aufgrund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit, für die Allgemeinheit, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere, der Natur und anderen Sachen ausgehen können. Die Gefahrgüter sind z. B. in einer umfangreichen Anlage A zum ADR/Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschiff (GGVSEB) - in neun Hauptgefahrenklassen unterteilt - zusammenfasst.
Die Klasseneinteilung richtet sich nach der Art der Gefährlichkeit der Stoffe:
Klasse 1 - explosive Stoffe und Gegenstände
(z. B. Sprengkapseln, Zünder, Feuerwerkskörper)
Klasse 2 - verdichtete, verflüssigte oder unter Druck gelöste Gase
(z. B. Flüssiggas, Deospray, Haarspray, Farbspray, Kohlensäure, Insektizide und Pestizide in Spraydosen)
Klasse 3 - entzündbare flüssige Stoffe
(z. B. Farben, Lacke, Verdünner, Holzbeizen, Alkohole, Parfümerzeugnisse, Benzin, Diesel, Petroleumöl, Terpentin, Benzole)
Klasse 4.1 - entzündbare feste Stoffe
(z. B. Feueranzünder, Leuchtsignale, Sicherheitszündhölzer, Schwefel, Filmzelluloid)
Klasse 4. 2 - selbstentzündliche Stoffe
(z. B. Kohlenstaub, Aluminiumpulver, Magnesiumpulver)
Klasse 4.3 - Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündliche Gase entwickeln
(z. B. Natrium, Kalium, Calcium)
Klasse 5.1 - entzünden (oxidierend) wirkende Stoffe
(z. B. Unkrautvertilgungsmittel, Düngemittel)
Klasse 5.2 - organische Peroxide
(z. B. Zwei-Komponentenkleber, Wasserstoffperoxid, Bleichmittel)
Klasse 6.1 - Giftige Stoffe
(z. B. Insektizide, Pestizide)
Klasse 6.2 - Ansteckungsgefährliche Stoffe
(z. B. Krankheitserreger, Krankenhausabfälle)
Klasse 7 -Radioaktive Stoffe
(z. B. radiometrische Meßgeräte; Radiopharmaka)
Klasse 8 - Ätzende Stoffe
(z. B. Säuren, Laugen, Batterien mit Säuren, WC-Reiniger, Geräte mit Quecksilber)
Klasse 9 - Sonstige gefährliche Stoffe und Gegenstände
(z. B. verflüssigte Metalle, Asbest, PCB-haltige Transformatoren und Kondensatoren
Was ist ein „Gefahrgutbeauftragter“?
Gefahrgutbeauftragte sind gemäß § 3 GbV vom Unternehmer oder Inhaber eines Betriebes bestellte Personen oder die Unternehmer bzw. Betriebsinhaber selbst, die Aufgaben nach
§ 8 GbV wahrzunehmen haben und Inhaber eines Schulungsnachweises nach § 4 GbV sind.
Wer muß einen Gefahrgutbeauftragten bestellen?
Gemäß § 3 GbV müssen Unternehmer oder Inhaber eines Betriebes, die an der Beförderung gefährlicher Güter mit Eisenbahn-, Straßen- oder Wasserfahrzeugen beteiligt sind, mindestens einen Gefahrgutbeauftragten schriftlich bestellen, z. B. durch eine arbeitsvertragliche Regelung oder durch eine schriftliche Mitteilung des Arbeitgebers, die innerhalb des Unternehmens oder des Betriebes bekannt gemacht wird. Jeder Mitarbeiter muss wissen, wer der Gefahrgutbeauftragte ist und wo und wie der Gefahrgutbeauftragte erreicht werden kann.
Werden mehrere Gefahrgutbauftragte bestellt, so sind die Aufgaben schriftlich festzulegen.
Im Sinne der GbV sind Unternehmen an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt, wenn ihnen Verantwortlichkeiten nach den für die Verkehrsträger geltenden Vorschriften zugewiesen sind.
Das ergibt sich im Wesentlichen aus
- § 9 Abs. 5 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes für alle Verkehrsträger
- §§ 4, 17-34 GGVSEB für den Straßen-, Eisenbahn- und Binnenschiffsverkehr
- §§ 4 und 9 GGVSee für den Seeschiffsverkehr.
Das bedeutet aber auch, dass nicht nur Unternehmen, die Gefahrgut befördern, einen Gefahrgutbeauftragten bestellen müssen, sondern auch solche Unternehmen, die mit gefährlichen Gütern handeln, sie lagern, übergeben oder verpacken, sofern sie nicht unter § 2 GbV (Befreiungen) fallen.
Es kann auch ein externer Gefahrgutbeauftragter schriftlich bestellt werden. Ist kein Gefahrgutbeauftragter bestellt, gilt der Unternehmer oder Inhaber des Betriebes selbst als Gefahrgutbeauftragter; ihn treffen dann alle Pflichten und Verantwortlichkeiten (§ 3 Abs. 1 GbV).
Befreiungen von der Pflicht zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten
Die Vorschriften der GbV gelten nicht für Unternehmen,
- denen ausschließlich Pflichten als Fahrzeugführer, Triebfahrzeugführer, Schiffsführer, Besatzung in der Binnenschifffahrt, Betreiber einer Annahmestelle in der Binnenschifffahrt, Empfänger, Reisender, Hersteller und Rekonditionierer von Verpackungen, Wiederaufarbeiter von Verpackungen und Großpackmitteln (IBC) und als Stelle für Inspektionen und Prüfungen von IBC zugewiesen sind,
- denen ausschließlich Pflichten als Auftraggeber des Absenders zugewiesen sind und die an der Beförderung gefährlicher Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto je Kalenderjahr beteiligt sind, ausgenommen radioaktive Stoffe der Klasse 7 und gefährliche Güter der Beförderungskategorie 0 nach Absatz 1.1.3.6.3 ADR,
- denen ausschließlich Pflichten als Entlader zugewiesen sind und die an der Beförderung gefährlicher Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto je Kalenderjahr beteiligt sind,
- deren Tätigkeit sich auf die Beförderung gefährlicher Güter erstreckt, die von den Vorschriften des ADR/RID/ADN/IMDG-Code freigestellt sind,
- deren Tätigkeit sich auf die Beförderung gefährlicher Güter im Straßen-, Eisenbahn-, Binnenschiffs- oder Seeverkehr erstreckt, deren Mengen die in Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR festgelegten höchstzulässigen Mengen nicht überschreiten,
- deren Tätigkeit sich auf die Beförderung gefährlicher Güter erstreckt, die nach den Bedingungen des Kapitels 3.4 und 3.5 ADR/RID/ADN/IMDG-Code freigestellt sind, und
- die gefährliche Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto je Kalenderjahr für den Eigenbedarf in Erfüllung betrieblicher Aufgaben befördern, wobei dies bei radioaktiven Stoffen nur für solche der UN-Nummern 2908 bis 2911 gilt.