Endopowerment für eine Volkskrankheit

Viele Jahre hat Vanessa Maier unter teils großen Strapazen auf die Diagnose und Heilung ihrer Endometriose gewartet. Diesen Leidensweg wollte sie anderen Betroffenen ersparen – und hat eine Plattform ins Leben gerufen, die sich mit der Krankheit beschäftigt. Wie die 31-Jährige damit einen Teil ihres Lebensunterhalts bestreitet.

Diabetes, Krebs, Rücken: Diese Volksleiden kennt jeder. Aber Endometriose? „Endowas?, fragen mich die Leute dann oft“, sagt Vanessa Maier, die vor mehr als zwei Jahren Endopowerment gegründet hat. Sie hat durch diese Krankheit selbst viel mitgemacht – und hilft nun Betroffenen, besser damit umzugehen. „Rund zehn Prozent der Frauen und auch ein kleiner Anteil Männer sind von Endometriose betroffen“, sagt Maier.

Mehr als 12.500 Menschen folgen der 31-Jährigen auf Instagram – eine beachtliche Zahl. Dort verbreitet sie in kurzweiligen Sequenzen Hoffnungsgeschichten und räumt mit manchem Vorurteil auf. „Noch immer wird die Krankheit gerne als normales Unwohlsein während der Periode abgetan“, sagt Maier. Dabei könne sie mehr oder weniger zweifelsfrei diagnostiziert werden. Über die Abfrage von Symptomen, vor allem aber durch eine Bauchspiegelung lässt sich das zweithäufigste gynäkologische Leiden, das auch Unfruchtbarkeit zur Folge haben kann, bestimmen. „Seit einiger Zeit gibt es zudem einen Speicheltest. Dieser ist wegen der geringen Studienlage allerdings noch mit viel Unsicherheit behaftet.“

Und was ist ursächlich für die enormen Schmerzen? „Gewebewucherungen außerhalb der Gebärmutterschleimhaut“, erklärt die gebürtige Würzburgerin, bei der diese Geflechte nicht nur eine lange Leidensreise bedeuteten, sondern letztlich auch zu einem Nierenversagen geführt haben. „In den letzten beiden Jahren wurde ich sieben Mal operiert, auch weil es immer wieder Komplikationen gab.“ Ähnlich erschreckend sei auch die Unwissenheit des einen oder anderen Mediziners gewesen.

Tatsächlich ist Endometriose, vergleichbar mit sogenannten seltenen Krankheiten, noch sehr wenig erforscht. „Wir wissen zum Beispiel noch nicht, warum sie entsteht.“ Womöglich hänge es ähnlich wie bei Diabetes mit Lebensstil und Ernährung zusammen. „Endometriose tritt auf der ganzen Welt auf – außer bei Naturvölkern“, so Maier, die von 2018 bis 2020 für einen großen Automobilhersteller in der Vorstandskommunikation gearbeitet hat. „Der erste Tag hatte dort an die zwölf Stunden – und auch danach wurde es nicht besser.“ Den Rückzugsraum bei Beschwerden, den sie in ihrer Ausbildung zur Mediengestalterin oder während des FH-Studiums in Stuttgart hatte, fiel weg. „Darunter habe ich sehr gelitten“, sagt Maier.

Daraus entstand schließlich auch die Motivation zu gründen. „Ich wollte andere Betroffene an meiner Geschichte teilhaben lassen und habe begonnen zu bloggen“, berichtet die Jungunternehmerin. Schnell entstand ein Netzwerk mit anderen Endometriose-Erkrankten, denen Maier die Möglichkeit gab, auf ihrer Plattform zu publizieren. „Irgendwann haben dann die ersten Unternehmen vorgefühlt, ob ich mir vorstellen könnte, für ihre Produkte zu werben“, sagt die Influencerin und fügt an: „Ich gehe dabei sehr wählerisch vor und lehne auch vieles ab. Nur, was ich selbst intensiv ausprobiert habe und was mir tatsächlich hilft, empfehle ich online weiter.“

Beispiele sind Hanföle, Hitzepanties oder Gua-Sha-Steine. „Derzeit bin ich dabei, mich weg von Provisionszahlungen und hin zu einer vorab fest vereinbarten Vergütung zu entwickeln. Das entspricht eher meinem Naturell und baut auch nicht einen solchen Erwartungsdruck auf“, betont Maier, die in ihrer Freizeit gerne mit dem Hund Gassi geht, Yoga macht oder sich zu Hause kreativ auslebt.

Das zweite Standbein neben der Rolle als Markenbotschafterin sind Onlinekurse. „Ich biete zum einen acht Stunden Videomaterial, den Endokompass, und zum anderen Einzelcoachings an“, erzählt Maier, die hierfür derzeit Preise zwischen 114 und 354 Euro aufruft. „Es ist mir wichtig, dass sich das jede Betroffene leisten kann. Daher ist auch eine Ratenzahlung möglich.“ Eine Wunderheilerin sei sie natürlich nicht, „zumal die Krankheit so spezifisch wie ein Fingerabdruck ist. Dadurch, dass ich selbst vieles erlebt habe, kann ich aber in jedem Fall bestimmte Wege aufzeigen.“

Dennoch oder gerade deshalb nimmt Maier das Schicksal anderer häufig stark mit. „Das ist einer der Gründe, warum ich seit Kurzem mit einer Social-Media-Managerin zusammenarbeite, die für mich viele Anfragen beantwortet. Ein anderer ist, dass ich einfach nicht mehr hinterhergekommen bin.“ Denn Maier arbeitet auch noch halbtags als Marketingverantwortliche für ein Würzburger Immobilienbüro. Ihr Lebensgefährte ist ebenfalls selbstständig – als Fotograf. „Eigentlich gibt’s bei uns immer etwas zu tun. Die Work-Life-Balance ist dadurch häufig kaum einzuhalten, gerade wenn viel los ist“, gesteht Maier: „Aber sonntags versuchen wir, nichts für den Job zu machen und gemeinsam etwas zu unternehmen.“

Text: Jörg Rieger

Foto: Marcel Gollin

 

Das Unternehmen

Endopowerment
Bismarckstraße
97070 Würzburg
Tel. 0151 29 19 57 54
vanessa_maier@me.com https://endopowerment.de

Die Person
Vanessa Maier

Die Idee
Plattform für Endometriose-Erkrankte

Größte Herausforderung
Work-Life-Balance

Pläne
Werden zumindest längerfristig bewusst keine mehr aufgestellt

Den WiM-Artikel finden Sie hier.