Keine Hochkonjunktur in Sicht – aber vorsichtige Lebenszeichen

Das Baugewerbe, der Handel und das Dienstleistungsgewerbe blicken weniger pessimistisch auf die kommenden Monate als zuletzt. Die Industrie hat ihre Geschäftserwartungen hingegen zurückgenommen. Foto: KI-generiert mit ChatGPT

Die Rahmenbedingungen für eine konjunkturelle Trendwende sind erkennbar schlecht. Trotzdem keimt in der mainfränkischen Wirtschaft ein vorsichtiger Hoffnungsschimmer: Der IHK-Konjunkturklimaindikator, das Stimmungsbarometer der regionalen Wirtschaft, steigt um sechs Punkte auf 103 Zähler und überschreitet erstmals seit einem Jahr wieder die Wachstumsschwelle von 100 Punkten.

„Die mainfränkischen Unternehmen geben der neuen Bundesregierung einen großen Vertrauensvorschuss und sehen Potenzial in den angekündigten Investitions- und Reformvorhaben“, so IHK-Konjunkturexpertin Elena Fürst. Sowohl die Lage- als auch die Erwartungsmeldungen der Unternehmen haben sich im Vergleich zur Vorumfrage zu Jahresbeginn 2025 verbessert, von Entwarnung kann aber noch keine Rede sein. „Die Lage bleibt aufgrund der vielfältigen Unsicherheiten – national wie international – angespannt und fragil“, so Fürst.

Ein Blick ins Detail

Die Geschäftslage verbessert sich zum zweiten Mal in Folge und erreicht per Saldo neun Punkte. Jeder zweite Befragte bezeichnet die aktuelle Lage als befriedigend, knapp jeder dritte als gut und jeder fünfte ist unzufrieden. Dennoch liegen die Lageurteile 20 Punkte unter dem Zehnjahresdurchschnitt. Die Ursachen: Konsumzurückhaltung und schwache Aufträge aus dem In- und Ausland. „Mit Ausnahme des Handels melden alle Branchen bessere Geschäfte als zu Jahresbeginn. Dennoch ist der Saldo in der Industrie, im Baugewerbe und im Handel negativ.  Das heißt: Mehr Unternehmen bewerten ihre aktuelle Lage schlecht als gut. Einzig der Dienstleistungssektor äußert sich positiv und präsentiert sich einmal mehr als Zugpferd der mainfränkischen Konjunkturentwicklung.“

Seitwärtsbewegung erwartet

Die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate bleiben verhalten. Knapp sechs von zehn Unternehmen erwarten keine Veränderung, Optimisten (20 Prozent) und Pessimisten (22 Prozent) halten sich in etwa die Waage. Der Saldo ist mit minus zwei Punkten leicht negativ, aber auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren. „Das Baugewerbe, der Handel und das Dienstleistungsgewerbe blicken weniger pessimistisch auf die kommenden Monate als zuletzt. Die Industrie, die aufgrund ihrer Exportorientierung besonders stark von den erratischen Zollankündigungen der US-Regierung betroffen ist, hat ihre Geschäftserwartungen hingegen zurückgenommen“, so Fürst. Insgesamt erhoffe sich die regionale Wirtschaft von der neuen Bundesregierung positive Impulse. Zum einen durch die angekündigten Reformen, zum anderen durch die in Aussicht gestellten Investitionspakete. Die Hälfte der befragten Unternehmen erwartet dadurch eine Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftslage, ein Viertel erhofft sich zusätzliche Aufträge für den eigenen Betrieb.

Insgesamt rechnet die mainfränkische Wirtschaft mit einer stabilen Nachfrage aus dem Inland, während die sprunghafte Zollpolitik der USA die Exportaussichten deutlich trübt: Nur jeder fünfte Betrieb erwartet künftig mehr Aufträge aus dem Ausland, jeder dritte dagegen weniger. Differenziert nach Ländergruppen ist vor allem der nordamerikanische Markt betroffen: Lag der Saldo aus künftig steigenden und sinkenden Auftragsvolumina zu Jahresbeginn noch bei plus drei Punkten, ist er nun sprunghaft auf minus 32 Punkte abgerutscht.

Die Investitionen kommen nach wie vor nicht in Schwung: Während 20 Prozent mehr Geld in die Hand nehmen wollen, wollen 23 Prozent ihre Aktivitäten einschränken und 17 Prozent gar nicht investieren. Auch die Beschäftigungspläne entwickeln sich zunehmend restriktiv – zwar will mit 61 Prozent die Mehrheit der Unternehmen ihren Personalbestand konstant halten, zugleich planen 27 Prozent der Unternehmen einen Stellenabbau. Neu einstellen will nur jeder zehnte Betrieb (11 Prozent).

Die neue Bundesregierung muss liefern

Die Wirtschaft setzt große Hoffnungen in die neue Bundesregierung, die aus Sicht der Unternehmen nun liefern muss. „Der Koalitionsvertrag enthält einige gute Ansätze, um die Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verbessern“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Sascha Genders. Diese müssten nun aber zügig umgesetzt werden. Als Beispiele nennt er den angekündigten Bürokratieabbau, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Senkung der Strompreise, steuerliche Anreize durch schnellere Abschreibungen oder den zügigen Erhalt und Ausbau der Infrastruktur. „Auch angesichts der aktuellen US-Handelspolitik und der insgesamt schwierigen internationalen Lage steht die Wirtschaft vor großen Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, dass die neue Bundesregierung jetzt die richtigen Weichen stellt und die Rahmenbedingungen für die Unternehmen rasch und konsequent verbessert.“

Die Befragung wurde im Zeitraum vom 2. bis 24. April 2025 durchgeführt. Von 835 befragten Unternehmen haben sich 240 beteiligt. Die vollständigen Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage mit ausführlicher Branchenauswertung finden Interessierte online unter: www.wuerzburg.ihk.de/konjunktur 

Information
Elena Fürst
Tel. 0931 4194-320
E-Mail: elena.fuerst@wuerzburg.ihk.de