Das Gutachten untersucht die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit der Gasinfrastruktur bis 2035. Im Fokus stehen mögliche Krisenszenarien, wie etwa den Ausfall von Pipeline- oder LNG-Kapazitäten, sowie die Auswirkungen von Infrastrukturumwidmungen für Wasserstoff.
Die Studie analysiert sieben Szenarien, die verschiedene Schocks für die Erdgasversorgung simulieren:
1. Ausfall von Pipelines aus dem Norden (ab 2025)
- Betrifft Importe aus Norwegen, die für Deutschland zentral sind.
- Erhöhte Pipelineauslastung in Westeuropa, potenzielle Engpässe in Südosteuropa.
2. Ausfall von Pipelines aus dem Süden (ab 2025)
- Reduzierter Gasimport aus Nordafrika und Südeuropa.
- Deutschland könnte eine stärkere Rolle als Transitland für norwegisches Gas übernehmen.
3. Ausfall von Pipelines aus dem Süden + Umwidmung der Europipe I für Wasserstoff (ab 2030)
- Neben den südlichen Pipelines wird eine zentrale Nordsee-Pipeline für Wasserstoff umgestellt.
- Führt zu strukturellen Änderungen in der Gasverteilung und möglicherweise erhöhten Preisen.
4. Ausfall großer LNG-Mengen auf dem Weltmarkt (ab 2025)
- Reduktion von global verfügbaren LNG-Kapazitäten um 105 Mrd. m³ pro Jahr.
- Führt zu Engpässen und Preissteigerungen von bis zu 58 % im Jahr 2025.
5. Ausfall wichtiger LNG-Importmengen für die EU (ab 2025)
- Reduzierte Importe aus dem Atlantikraum (USA).
- Abhängigkeit von Pipeline-Gas nimmt zu, Deutschland wird stärker als Transitland genutzt.
6. Ausfall wichtiger LNG-Importmengen für die EU + Umwidmung der Europipe I (ab 2030)
- Verschärfung der LNG-Knappheit kombiniert mit der Reduktion der Erdgas-Pipeline-Kapazität.
- Moderate, aber spürbare Auswirkungen auf Preise und Infrastrukturbelastung.
7. Ausfall wichtiger LNG-Importmengen für die EU (ab 2030) + Umwidmung der Europipe I
- LNG-Knappheit tritt erst ab 2030 auf, parallel zur Pipeline-Umwidmung.
- Auswirkungen auf den Markt geringer als bei sofortigem LNG-Ausfall ab 2025.
Wichtigste Ergebnisse:
Die stärksten Auswirkungen treten direkt nach einem Versorgungsstörung auf, doch die Märkte stabilisieren sich innerhalb von fünf bis zehn Jahren wieder. Während in einigen Szenarien kurzfristige Preisspitzen von bis zu 62 EUR/MWh auftreten, gleichen sich diese Effekte langfristig aus.
Die Versorgungssicherheit ist grundsätzlich gewährleistet, allerdings mit Herausforderungen. Insbesondere die Abhängigkeit von norwegischem Pipeline-Gas und LNG-Importen aus den USA bleibt ein Risiko, das durch Diversifizierungsstrategien minimiert werden kann.
Handlungsempfehlungen der Autoren:
Die LNG- und Pipeline-Infrastruktur spielt eine Schlüsselrolle in der Krisenbewältigung. In Szenarien mit starken Versorgungsunterbrechungen erreicht die Auslastung der LNG-Terminals bis zu 97 %. Dies zeigt die Notwendigkeit einer flexiblen Infrastruktur.
Außerdem empfehlen die Autoren der Studie unter anderem ein verbessertes Monitoring der Energieversorgung, den Ausbau erneuerbarer Energien zur Reduktion der Gasabhängigkeit sowie eine gezielte Weiterentwicklung der Infrastruktur zur Sicherstellung langfristiger Versorgungssicherheit. Sie unterstreicht die Rolle Deutschlands als wichtiges Transitland für europäische Energieflüsse und zeigt die Notwendigkeit auf, sich frühzeitig auf strukturelle Veränderungen im Gasmarkt vorzubereiten.
Für eine sichere Versorgung spielt auch Wasserstoff eine wichtige Rolle. Die Umwidmung bestehender Erdgas-Pipelines für den Transport von Wasserstoff ist eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre. Die Studie hebt hervor, dass diese Transformation schrittweise erfolgen muss, um negative Auswirkungen auf die Erdgasversorgung zu vermeiden. Auch ist der Aufbau neuer Wasserstoff-Importkapazitäten erforderlich. Dazu gehören spezielle Terminals für den Import von Wasserstoff oder wasserstoffbasierten Energieträgern wie Ammoniak. Diese Infrastruktur sollte frühzeitig geplant und mit den erwarteten Nachfrageentwicklungen abgeglichen werden.